Ergänzungsleistungen - Wenn die AHV oder IV nicht reicht

Ergänzungsleistungen - Wenn die AHV oder IV nicht reicht

von: Anita Hubert

Beobachter-Edition, 2016

ISBN: 9783855699056

Sprache: Deutsch

170 Seiten, Download: 6020 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: geeignet für alle DRM-fähigen eReader geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen PC, MAC, Laptop


Wieder verfügbar ab: 03.05.2024 11:35

Mehr zum Inhalt

Ergänzungsleistungen - Wenn die AHV oder IV nicht reicht



50 Jahre Ergänzungs­leistungen


Happy Birthday Ergänzungsleistungen: Am 1. Januar 1966 ist das Ergänzungsleistungsgesetz in Kraft getreten – damit kann es 2016 seinen 50. Geburtstag feiern. 50 Jahre Erfolgsgeschichte: Dank den Ergänzungsleistungen hatten und haben viele Generationen Rentnerinnen und Rentner genug zum Leben.

Die Bundesverfassung verlangt, dass die AHV- und die IV-Renten das Existenzminimum decken. Doch weder im Jahr ihrer Einführung noch aktuell konnten und können Rentner allein mit der AHV- oder der IV-Rente ihren Lebensunterhalt bestreiten. Deshalb wurden die Ergänzungsleistungen geschaffen. Sie waren als Übergangslösung gedacht bis zur Einführung einer obligatorischen beruflichen Vorsorge, der Pensionskassen. Mit den Renten aus der 1. und der 2. Säule, so die Absicht, sollten Rentnerinnen und Rentner genügend Mittel zur Verfügung haben, um über die Runden zu kommen.

Wozu dienen die Ergänzungsleistungen?


Diese Erwartung hat sich nicht für alle erfüllt. Zwar funktioniert das System der beiden unterschiedlichen Säulen AHV und Pensionskasse im Vergleich zum Ausland heute gut, doch noch immer sind 44 Prozent der Invalidenrentner und 12 Prozent der Altersrentnerinnen auf die Zuschüsse über die Ergänzungsleistungen angewiesen. Und die Tendenz ist steigend: 2014 wurden insgesamt 4,7 Milliarden Franken Ergänzungsleistungen ausgezahlt – doppelt so viel wie im Jahr 2001. 2014 bezogen 309 400 Menschen solche Zahlungen. Das zeigt, dass die EL mehr denn je dringend nötig sind.

Auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind heute einerseits junge Menschen mit Behinderung. Sie verdienen – wenn überhaupt – nur wenig und sind deshalb keiner Pensionskasse angeschlossen. Eine weitere grosse Bezugsgruppe sind pflegebedürftige ältere Menschen. Leben sie in einem Heim, reichen die Renten und das Ersparte meist nicht, um die hohen Kosten zu decken. So ersetzen die Ergänzungsleistungen einerseits fehlende Pensionskassenleistungen und andererseits die nicht vorhandene Schweizer Pflegeversicherung.

Die Ergänzungsleistung als Auffangbecken


Seit etlichen Jahren stehen die Schweizer Sozialversicherungen unter enormem Spardruck. Revisionen bei der AHV oder Invalidenversicherung führen zu Leistungsabbau. Hier dienen die Ergänzungsleistungen als Lückenfüller. Rentner, die ihren Lebensunterhalt nicht mehr finanzieren können, erhalten die dringend benötigten Mittel über die EL. Auch die Kostenexplosion bei den Krankenkassenprämien kann manches Budget ins Wanken bringen. In die Berechnung der Ergänzungsleistungen sind die hohen Krankenkassenkosten miteinbezogen, werden also mitfinanziert.

So gleichen die Ergänzungsleistungen die Probleme anderer Sozialversicherungen aus. Zum Glück – gäbe es die EL nicht, wären viele Rentnerinnen und Rentner auf Sozialhilfeleistungen oder auf Almosen angewiesen; Altersarmut wäre in der Schweiz allgegenwärtig.

Das EL-System im Umbruch


Die Kosten der EL steigen massiv; im letzten Jahrzehnt haben sich die Ausgaben verdoppelt. Das blieb von der Politik nicht unbemerkt.

Zahlreiche politische Vorstösse verlangen den Um- und Abbau der Ergänzungsleistungen. So wird überlegt, ob das Alterskapital bei den Pensionskassen besser geschützt werden und streng für das Alter reserviert bleiben soll. Weiter werden Arbeitsanreize für IV-Rentner diskutiert oder es wird überlegt, ob EL-Bezüger motiviert werden sollen, zu günstigeren Krankenkassen zu wechseln. Zudem wird darüber nachgedacht, ob Ergänzungsleistungen künftig versteuert werden sollen.

NEUE MIETZINSMAXIMA IN AUSSICHT

Bei der Berechnung von Ergänzungsleistungen werden auch die Miet­kosten als Ausgaben berücksichtigt. Aktuell beträgt das anrechenbare Maximum 1100 Franken für Alleinstehende und 1250 Franken für Paare und Familien. In städtischen Zentren ist es äusserst schwierig, Wohnungen in dieser Preislage zu finden. Für Rollstuhlfahrer herrscht sogar akute Wohnungsnot, denn rollstuhlgängige Wohnungen sind oft neu und deshalb teuer. Alte bezahlbare Wohnungen dagegen sind mit dem Rollstuhl nicht befahrbar.

Die Mietzinsmaxima sind seit 2001 nicht mehr erhöht worden, obwohl sich die Mieten in der gleichen Zeit um 18 Prozent verteuert haben. Deshalb ist eine Anpassung geplant – mehr dazu lesen Sie auf Seite 40.

Ergänzungsleistungen sind keine Sozialhilfe


AHV- und IV-Rentner, denen das Geld nicht zum Leben reicht, haben in der ganzen Schweiz einen Rechtsanspruch auf Ergänzungsleistungen. Trotzdem machen viele Menschen ihren Anspruch nicht geltend. Einige wissen nicht, dass sie diese finanzielle Hilfe beanspruchen dürfen – sie wurden falsch oder gar nicht informiert. Für andere ist das System der Ergänzungsleistungen gleichbedeutend mit Sozialhilfe – und Sozialhilfe möchten sie nicht beziehen, da würden sie sich schämen.

Das ist falsch: Ergänzungsleistungen sind keine Sozialhilfe und auch keine Almosen! Ergänzungsleistungen sind Versicherungsleistungen. Sie müssen nicht zurückgezahlt werden, und es werden auch keine Verwandten dafür belangt – dies im Gegensatz zur Sozialhilfe.

Sozialhilfe kommt zum Zug, wenn alle Stricke reissen, wenn keine Versicherung mehr zahlt. Sie ist das unterste Netz im sozialen System der Schweiz. Die Sozialhilfe – veraltet Fürsorge genannt – ist nach kantonalen und oft auch gemeindeeigenen Vorgaben aufgebaut. Wer Sozialhilfe erhält, hat weniger Geld zur Verfügung als ein EL-Bezüger. Auch muss man Sozialhilfeleistungen zurückzahlen, wenn man wieder zu Geld gekommen ist. Und die Gemeinde kann Verwandtenunterstützung geltend machen (mehr dazu auf Seite 115). Zudem darf das Sozialamt in die Lebensgestaltung der Menschen eingreifen, indem es Auflagen macht und die Auszahlung an Bedingungen knüpft.

Ganz anders die Ergänzungsleistungen: Wer die Voraussetzungen erfüllt, hat Anspruch auf den errechneten Betrag und erhält dieses Geld monatlich auf sein Konto ausgezahlt.

DIE ZUSTÄNDIGEN STELLEN FÜR ERGÄNZUNGSLEISTUNGEN

Je nach Kanton nennen sich die Stellen, die für Ergänzungsleistungen zuständig sind, unterschiedlich: Bei den Gemeinden sind es meist die AHV-Zweigstellen, die kantonalen Stellen heissen Sozialversicherungsanstalt, Sozialversicherungszentrum oder Ausgleichskasse. Wie das in Ihrem Kanton ist, sehen Sie in der Adressliste im Anhang oder unter www.ahv-iv.ch ( Kontakte Kantonale Stellen für Ergänzungsleistungen). In diesem Buch werden die Begriffe «Ausgleichskasse», «AHV-Zweigstelle» und «EL-Stelle» synonym verwendet.

INFO Für Ergänzungsleistungen melden Sie sich nicht beim Sozialamt an. Denn das EL-Gesetz schreibt vor, dass der Kanton keine Sozialhilfebehörden mit der Abwicklung der Ergänzungsleistungen beauftragen darf. Meist können Sie den Antrag in Ihrer Gemeinde bei der Ausgleichskassenzweigstelle oder direkt bei der kantonalen EL-Stelle einreichen.

Wer hat Anspruch auf Ergänzungsleistungen?


Damit Sie EL erhalten, braucht es als Grundvoraussetzungen eine Rente und einen Wohnsitz in der Schweiz. Die Ergänzungsleistungen werden als Aufstockung ausgerichtet – ohne Rente kann man sie grundsätzlich nicht beantragen. Anspruch auf EL haben folgende Personengruppen:

AHV- und IV-Rentner

Bezüger einer Hilflosenentschädigung

Bezüger von Taggeldern der IV

Bezüger von Witwen-, Witwer- und Waisenrenten

Der Anspruch besteht, wenn Ihre Einkünfte nicht reichen, um den minimalen Lebensstandard zu finanzieren. Was bedeutet «minimaler Lebensstandard»? Die EL geht von einem Minimum aus, das etwa einen Drittel höher liegt als dasjenige für Sozialhilfebezüger oder für Menschen, die auf dem betreibungsrechtlichen Existenzminimum leben (siehe Seite 148).

TIPP Sie sind nicht sicher, ob Sie EL zugute haben? Eine Überprüfung lohnt sich immer, bestimmt aber für Einzelpersonen mit Einkommen von 30 000 bis 40 000 Franken und für Ehepaare mit einem Einkommen zwischen 48 000 und 58 000 Franken. Lassen Sie Ihren Anspruch berechnen. Oder führen Sie auf der Webseite der Pro Senectute selber eine Berechnung durch (www.pro-senectute.ch Angebote Beratung zu Finanzen). Und wenn Sie jetzt noch keine EL erhalten, wissen Sie immerhin, ab welchem Punkt in Zukunft Sie die Leistungen beziehen können.

Ergänzungsleistungen zu einer IV- und AHV-Rente


Die meisten EL-Berechtigten haben eine Alters- oder Invalidenrente. Invalidenrenten werden als ganze, Dreiviertels-, halbe oder Viertelsrenten ausgezahlt. Alle diese Rentenformen gelten als Voraussetzung, um Ergänzungsleistungen zu beziehen. Beziehen Sie eine Teilrente, müssen Sie im Rahmen Ihrer gesundheitlichen Möglichkeiten eine Stelle suchen. Ihr Anspruch auf Ergänzungsleistungen wird entsprechend gekürzt, Genaues dazu finden Sie auf Seite 77.

INFO Allenfalls können auch Personen ohne Rentenanspruch EL beziehen. Nämlich dann, wenn sie nur deshalb keine Rente erhalten, weil sie die Mindestbeitragsdauer – ein Jahr für die AHV, drei Jahre für die IV – nicht erfüllt haben.

Ergänzungsleistungen zu einer Hilflosenentschädigung


Eine Hilflosenentschädigung erhält, wer bei alltäglichen Lebensverrichtungen auf die Hilfe von Mitmenschen angewiesen ist. Die meisten...

Kategorien

Service

Info/Kontakt