Gymnastik im Herz- und Alterssport

Gymnastik im Herz- und Alterssport

von: Ursula Wollring

Meyer & Meyer, 2012

ISBN: 9783840325403

Sprache: Deutsch

256 Seiten, Download: 10997 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Gymnastik im Herz- und Alterssport



III BEDEUTUNG VERSCHIEDENER SCHWERPUNKTE IN EINER BEWEGUNGSEINHEIT IM HERZ- UND ALTERSSPORT


Um möglichst vielen Anforderungen der Teilnehmenden gerecht zu werden, ist es zweckmäßig, innerhalb einer Bewegungseinheit verschiedene Inhalte zu berücksichtigen. Neben der Begrüßung der Teilnehmenden und einem immer notwendigen Aufwärmen stehen Ausdauerschulung, Entspannungstraining, allgemeine und spezielle Körperschulung und Spiele im Mittelpunkt.

BEGRÜßUNG DER TEILNEHMENDEN

Die Sportstunde beginnt mit der Begrüßung der Teilnehmenden. Besonders in Herzgruppen ist es sinnvoll, sich nach dem aktuellen individuellen Befinden und eventuellen Besonderheiten der vergangenen Woche zu erkundigen. Dies ermöglicht einerseits eine persönliche Kontaktaufnahme mit jedem einzelnen Teilnehmenden, andererseits gewährleistet es den aus Sicherheitsgründen notwendigen Informationsaustausch (siehe auch unter I, „Umgang mit den Teilnehmenden”, Hier). Der Ausgangspuls wird kontrolliert. Dann erst beginnt das Bewegungsprogramm mit dem Aufwärmen.

AUFWÄRMENWOZU UND WIE LANGE?

Die Aufgabe des Aufwärmens besteht darin, die Übenden psychisch und physisch auf die folgende Belastung vorzubereiten.

Im psychologischen Sinne bezweckt das Aufwärmen eine Einstimmung auf die nun beginnende körperliche Betätigung, auf die Gruppe und auf die gegenüber dem Alltag veränderte Umgebung. Die Teilnehmenden sollen vom Alltag abschalten. Es wird nicht gleich stur geübt, sondern die Teilnehmenden haben während des Gehens und der anfänglichen Übungen Gelegenheit zur Unterhaltung. Die psychische Leistungsbereitschaft wird optimiert.

Physiologisch gesehen, bewirkt das Aufwärmen

  • eine Erhöhung der Körpertemperatur im Bereich der Extremitäten um etwa 5° C. Dadurch laufen die Stoffwechselprozesse in allen Zellen schneller ab. Die Sauerstoffmenge, die vom Blut ins Gewebe abgegeben werden kann, erhöht sich. Die Geschwindigkeit der Erregungsleitung in den Nerven steigt. Die koordinative Leistungsbereitschaft wird verbessert.
  • eine vermehrte Adrenalinausschüttung: Atmung, Herzfrequenz und Blutdruck steigen und stellen sich auf die bevorstehende körperliche Belastung ein. Die allgemeine organische Leistungsbereitschaft wird verbessert.
  • eine Umverteilung des Blutes vom Körperkern in die arbeitende Muskulatur.
  • eine Aktivitätssteigerung der Muskelspindeln (de Marées, 1980). Dadurch verringert sich die Viskosität der Muskulatur, wodurch ihre Geschmeidigkeit zunimmt und die Kontraktionsgeschwindigkeit ansteigt.

Insgesamt gesehen, bewirkt das Aufwärmen eine Verletzungsprophylaxe. Pädagogisch-didaktisch ist die Aufwärmphase die Vorbereitung auf die Hauptphase. Sowohl der Körper als auch die Psyche werden auf die physischen und geistigen Anforderungen der Gymnastik mit Flexibilitäts-, Kräftigungs- und Koordinationsübungen sowie des Ausdauertrainings eingestellt.

Wichtige sportmotorische Elemente in dieser Einstimmungsphase sind Übungen zur Entspannung, Lockerung, Beweglichmachung, Dehnung sowie zur Kräftigung. Die genannte Reihenfolge soll nach Möglichkeit eingehalten werden. In diesem Stundenteil sollen nur bekannte und leichte Übungen ohne Geräte durchgeführt werden, um die Konzentration noch nicht zu stark zu belasten und die Gefahr von Verletzungen zu minimieren. Die Dehnung der Muskulatur erfolgt erst nach allgemeiner Aufwärmung, denn kalte Muskulatur ist sehr empfindlich, sodass es leicht zu Zerrungen und Rissen kommen kann. In der Aufwärmphase wird möglichst nicht passiv durch Partner oder Geräte gedehnt, da hierbei der Dehnungsgrad relativ schlecht abschätzbar ist. Dehnübungen tragen zur Verbesserung der Flexibilität, der Beweglichkeit in den Gelenken bei und gehören daher in jede Sportstunde, entweder innerhalb des Aufwärmens oder als Schwerpunkt in der Gymnastikphase.

Nach jeder Dehn- wie nach jeder Kräftigungsübung ist ein Lockern dringend erforderlich, denn die Muskeln entspannen sich nicht von selbst, sondern nur mithilfe ihrer Antagonisten. Es wird sowohl ein physisches als auch psychisches Auflockern und Lösen von Verspannungen und Verkrampfungen bewirkt. Außerdem kann das Lockern auch als Organisationsmittel verwendet werden (Brusis & Weber, 1980), etwa um passive Pausen zu vermeiden.

In der Aufwärmphase werden möglichst alle Muskelgruppen angesprochen, besonders die Schultergürtel- und Rumpfmuskulatur, zum Ausgleich einer meist mehr oder weniger verkrampften sitzenden Tätigkeit im Berufsalltag.

Atemübungen als ein weiteres wichtiges Element in der kardialen Rehabilitation sollten ebenfalls in der Aufwärmphase durchgeführt werden, da sie entspannend wirken und die Ventilation in Gang bringen. Es wird auf die richtige Atemtechnik aufmerksam gemacht. Viele Ältere verwenden entweder nur Brustatmung oder nur Bauchatmung. Die überwiegend flache Atmung kann auf tiefere Atmung umgestellt werden.

Die Vollatmung, bei der Brust- und Bauchatmung gemeinsam genutzt werden, ist physiologisch wertvoller wegen

  • der Vergrößerung der Atemtiefe und damit der Vergrößerung des Sauerstoffangebots,
  • der Vergrößerung des intrathorakalen Unterdrucks mit der günstigen Auswirkung auf den venösen Rückstrom.

Sobald die richtige Atemtechnik und Atemführung beherrscht werden, ist die Gefahr des Pressatmens bei schwereren Kräftigungsübungen reduziert. Elementare Atemübungen sind Gähnen, Pfeifen, Singen und Lachen (Milz, 1972). In Verbindung mit Bewegungsübungen lässt sich eine gute Atemtechnik demonstrieren: Die den Brust- und Bauchraum einengenden Beugeübungen vorwärts und seitwärts werden mit Ausatmen kombiniert. Das Einatmen wird verbunden mit Streckphasen, die insbesondere den Brustkorb erweitern. Dabei erfolgt das Einatmen durch die Nase, das Ausatmen – auch stoßartig zur Zwerchfellkontrolle – durch den Mund.

Die Aufwärmphase kann als Sozialisationsphase genutzt werden. Durch Unterhaltung, Gruppen- und Kommunikationsspiele werden Sozialisationsprozesse in Gang gesetzt und gefördert.

Ein Gruppenspiel am Ende des Aufwärmens: gordischer Knoten

Die Aufwärmphase dauert mindestens 10 Minuten, besser aber 20 Minuten. Die Übungen in dieser Phase sollen aufwärmen, aber nicht ermüden, sie sollen motivieren und Erfolgserlebnisse ermöglichen.

ALLGEMEINE KÖRPERSCHULUNG – MÖGLICHKEITEN UND ZIELE DER FUNKTIONSGYMNASTIK

Die Gymnastik ist nicht nur grundlegende Übung für alle Bewegungsformen, sondern sie fördert die Bewegungserfahrung und entwickelt Körpergefühl. Über harmonische und lebendige Bewegungsformen kann geistig-seelische und körperliche Harmonie entfaltet werden. Gymnastik wird im Herz- und Alterssport durchgeführt mit dem Ziel, die Funktionen des Körpers zu erhalten und zu stärken (allgemeine Beweglichkeit, lokale Muskelausdauer, Koordination), Kontakt zu anderen Teilnehmenden aufzubauen, einander zu helfen, sich einzuordnen in die Gruppe, Freude an der Bewegung zu erfahren, Interesse für weitere Bewegungserfahrung zu wecken sowie Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zu stärken. Die Grundelemente der Bewegung werden geschult: Gehen, Laufen, Hüpfen, Springen, Federn, Schwingen, Werfen, Fangen, Prellen, Stoßen, Tragen und Balancieren.

Die Gymnastik bietet, wie das Spiel, die Möglichkeit zu gemeinsamem Tun. Das Üben in der Gruppe wird von den Teilnehmenden als angenehm empfunden. Während eine Einzelgymnastik zu Hause oft als langweilig angesehen wird, macht die Gruppengymnastik Spaß, auch wenn einzeln geübt wird. Dabei spielt die Möglichkeit zur Unterhaltung keine unwesentliche Rolle.

Eine besondere Motivation wird durch das vielfältige Übungsangebot bewirkt. Einige Sportler kommen besonders deswegen, um möglichst viele Übungen kennen zu lernen. Ein sich stets wiederholendes Standardprogramm, das aus Gründen der Effektivität Berechtigung hätte, würde sie langweilen. Zahlreiche Variationen an sich gleicher Übungen sind möglich durch die Ausführung im Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, durch das Benutzen verschiedener Handgeräte, durch das Anbieten als Partner- oder Gruppenübung, durch das Einbeziehen von Musik, durch das Darbieten als Tanzform oder Choreografie, durch eine Kombination mit anderen Übungen oder durch veränderte Organisationsformen. Stets erforderlich ist die Anleitung durch die Übungsleiterin, die individuell hinweist auf Wiederholungszahl, Übungsdauer, Pausenlänge oder auf die richtige Bewegungsausführung in Abhängigkeit von der Belastbarkeit jedes einzelnen Teilnehmenden. Wichtig ist das stete Vorankommen. Die Übungen müssen so ausgesucht werden, dass sie für die Teilnehmenden kontinuierlich einen Anreiz darstellen, sich immer wieder neu anzustrengen.

Handgeräte haben einen hohen Aufforderungscharakter. Das Üben mit Gerät spricht das Spielerische und Fröhliche im Menschen an. Handgeräte unterstützen und verbessern die Wirksamkeit oder erleichtern die Ausführung und das Erlernen mancher Übungen (Milz, 1972). Der Schwung wird verstärkt, die Bewegungsweite wird größer. Der Bewegungsreichtum wird erweitert, die Koordinationsanforderung wird erhöht. Es werden Reize für die Kraftentwicklung gesetzt. Die Geräte Reifen, Gymnastikball, Medizinball,...

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