Barrierefrei bauen und altersgerecht modernisieren - inkl. Arbeitshilfen online

Barrierefrei bauen und altersgerecht modernisieren - inkl. Arbeitshilfen online

von: Jörg Stroisch, Thomas H. Garthe

Haufe Verlag, 2017

ISBN: 9783648069059

Sprache: Deutsch

210 Seiten, Download: 7281 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Barrierefrei bauen und altersgerecht modernisieren - inkl. Arbeitshilfen online



1   Bedarf ermitteln


Barrierefreiheit ist ein Trendthema: Aber gibt es tatsächlich auch einen Bedarf danach? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, denn hier spielen neben generellen gesellschaftlichen Entwicklungen sehr individuelle Aspekte eine Rolle, die im Folgenden näher beleuchtet werden.

1.1   Generelle Entwicklungen


Wer als Hausbesitzer und Vermieter darüber nachdenkt, ob er Maßnahmen zur Barrierefreiheit bzw. -armut durchführen möchte, wird es sich nicht leicht machen. Es folgen zunächst einige Gedankenanstöße, was generell zu bedenken ist.

1.1.1   Demografischer Wandel


Die Alterspyramide ist in Deutschland schon lange kein Tannenbaum mehr: Vielmehr sieht sie aus wie ein etwas zu dick geratenes Ampelmännchen mit ausgestreckten Armen etwa bei der Altersgruppe 45 bis 50 Jahre. Laut Statistischem Bundesamt steigt zudem die Lebenserwartung immer weiter. Ein 2012 geborenes Mädchen hat demnach eine Lebenserwartung von 82,80 Jahren, ein Junge von 77,72 Jahren. Im Jahr 2060 geborene Kinder werden statistisch betrachtet schon deutlich über 80 Jahre alt werden (Jungen: 84,8 Jahre, Mädchen: 88,8 Jahre). Die Zahl der jungen Menschen wird hingegen weiter deutlich sinken, denn rein statistisch betrachtet liegt die Geburtenrate pro Frau bei 1,4 Kindern.

Das Statistische Bundesamt hat die Folgen dazu in der Studie „Die Generation 65+ in Deutschland“ untersucht. Das Ergebnis: Schon heute macht der Bevölkerungsanteil der Menschen über 65 Jahre 20,8 % aus. Zum Vergleich: In Europa sind es nur noch in Italien mehr (21,4 %). Der sogenannte demografische Wandel führt prinzipiell zu einer immer älter werdenden Gesellschaft und damit wächst der Bedarf an Angeboten für die Menschen darin.

Die Studie zeigt außerdem, dass die Vitalität der älteren Menschen stark zunimmt. Silver-Surfer, bildungsinteressiert und gerne auf Reisen, so lassen sich die Angehörigen der Generation 65 plus beschreiben. Sie stellen zum Beispiel 62 % der Gaststudenten an deutschen Universitäten. Auch die Internetnutzung verstärkt sich in dieser Bevölkerungsgruppe. Mittlerweile 44,9 % beträgt die Quote mit beachtlichen Steigerungen seit Jahren. Auch das stellt neue Anforderungen etwa an Kommunikationsleitungen in der Wohnung eines Senioren bzw. einer Seniorin.

Die Gesundheit macht bei vielen auch mit. Im Vergleich zu früheren Generationen gehen die Best-Ager recht gesund in den Ruhestand. Nur 3 % der 65- bis 69-Jährigen sind pflegebedürftig. Das allerdings ändert sich statistisch betrachtet mit zunehmenden Alter gravierend: Bei den 80- bis 84-Jährigen waren es bereits 21 %, im Alter ab 90 Jahre lag die Pflegequote bei 64 %.

Es besteht also ein einfacher statistischer Zusammenhang: Je älter ein Mensch wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass er pflegebedürftig wird. Und: Je älter die Gesamtbevölkerung statistisch wird, desto mehr steigt die rein nominelle Zahl an Pflegebedürftigen. Im Dezember 2013 waren in Deutschland 2,63 Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes, so das Statistische Bundesamt. In der Studie „Demographischer Wandel in Deutschland“ von 2008 gehen die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder davon aus, dass durch die zunehmende Alterung der Gesellschaft die Anzahl der Pflegebedürftigen bis 2020 auf 2,91 Millionen Menschen und im Jahr 2030 auf 3,36 Millionen Menschen steigen wird. Das entspräche auf der Basis von 2005 einer Steigerung von 37 % bis zum Jahr 2020 bzw. 58 % bis zum Jahr 2030. Gleichzeitig soll der Anteil der Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung zunehmen: Der Anteil betrug 2005 2,6 % und wird bis 2020 auf 3,6 % und bis zum Jahr 2030 auf 4,4 % ansteigen, so die Prognose.

Animierte Bevölkerungspyramide

Das Statistische Bundesamt stellt eine animierte Bevölkerungspyramide bereit, die die Bevölkerungsentwicklung von 1950 bis 2060 zeigt (www.destatis.de/bevoelkerungspyramide).

1.1.2   Drang in die (Innen-)Städte


Insbesondere wenn es um die Immobilie geht, spielen weitere Trends eine wichtige Rolle, um die Sicherheit eines Investments in „Betongold“ zu skizzieren. Einer davon ist der oft behauptete zunehmende Drang in die (Innen-)Städte: Attraktive Stadtlagen werden immer gefragter. Gleichzeitig veröden außerhalb ganze Landstriche. Das gestaltet sich allerdings regional sehr unterschiedlich. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung beim Statistischen Bundesamt nahm diesen Aspekt in der Aufsatzsammlung „Städte im demografischen Wandel – Wesentliche Strukturen und Trends des demografischen Wandels in den Städten Deutschlands“ im Jahr 2007 genauer unter die Lupe und kam hier zu einem differenzierten Bild. In ihrem gemeinsamen Thesenpapier sahen die Autoren noch keinen eindeutigen Trend weg von der Suburbanisierung – also den Wegzug aus der Kernstadt ins Umland – hin zur Reurbanisierung. „Per Saldo handelt es sich dabei bislang nur um vereinzelte, durchaus markante Reurbanisierungsinseln inmitten einer demografischen Schrumpfungslandschaft“, schreiben die Autoren. Aber: „Die grundsätzliche, empirisch gesicherte Feststellung einer gestiegenen Wertschätzung der Innenstadt als Wohnstandort ist in der Tat eine bemerkenswerte Erkenntnis, mit Konsequenzen für Stadtpolitik und Planung, für die Finanz-, Wohnungs- und Immobilienmärkte.“

Interaktive Grafik zur Wohnflächennachfrage bis 2023

Das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln stellt eine interaktive Grafik zur Verfügung, auf der die prognostizierte Wohnflächennachfrage nach Orten bis 2030 nachvollzogen werden kann (www.finanz-und-immobilienmaerkte.de/presse/iw-nachrichten/beitrag/immobilienmarkt-die-staedte-brauchen-viel-mehr-wohnraum-144508).

1.1.3   Wohnungsgröße


Laut Statistischem Bundesamt wohnten 2011 im Durchschnitt 2,2 Personen in einer Wohnung mit einer durchschnittlichen Wohnfläche von 92 Quadratmetern (m2). Pro Person stehen demnach durchschnittlich 42,7 m2 zur Verfügung. Dabei gibt es allerdings große Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland. Während die durchschnittliche Wohnungsgröße in Westdeutschland 95,7 m2 betrug, sind es in Ostdeutschland nur 78,4 m2. Dafür bewohnen eine solche Wohnung dort im Schnitt nur 2,0 Personen (Westdeutschland: 2,2).

Inwiefern sich das konkret am Wohnungsmarkt widerspiegelt, ist regional äußerst unterschiedlich. So gibt es Städte, in denen eine große Nachfrage nach sehr kleinen Wohnungen besteht, etwa in Studentenstädten. In anderen wiederum sind eher mittlere Wohnungen gefragt. Und oftmals werden selbst in Städten, in denen ein außerordentlicher Angebotsmarkt bei Wohnungen besteht, sehr große Wohnungen von Familien mit zwei und mehr Kindern gesucht.

Analysieren Sie den Wohnungsmarkt vor Ort

Bundesweite Zahlen sagen oft nur sehr wenig über die konkrete Situation vor Ort aus. So wird durch die Einführung der Mietpreisbremse zwar gerade behauptet, es gäbe vielerorts einen Mietwohnungsmarkt mit stark ansteigenden Mieten. Das trifft aber nur auf einige Boom-Regionen zu. In vielen Gegenden Deutschlands hingegen können höhere Mieten nur schwer verlangt werden. Und ob nun eher kleine, mittlere oder größere Wohnungen vor Ort gefragt sind, hängt auch damit zusammen, wie groß das Angebot in diesen Segmenten ist.

1.1.4   Barrierefreiheit


Der Wunsch, den Lebensabend im eigenen Zuhause zu verbringen, schlägt sich heute schon stark in der Statistik nieder: Im Dezember 2013 waren in Deutschland 2,63 Millionen Menschen pflegebedürftig, mehr als zwei Drittel (71 % oder 1,86 Millionen) wurden zu Hause versorgt. Sicherlich brauchen keine Statistiker bemüht werden, um darauf zu kommen, dass sich eine überwiegende Mehrheit der Menschen keinen Heimaufenthalt, sondern ein möglichst selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden wünscht.

Daraus ergeben sich rein statistisch gesehen Bestands- und Bedarfsanalysen für barrierefreies bzw. altersgerechtes Wohnen, die allerdings allesamt auf Schätzungen beruhen. Zum Beispiel im Aufsatz „Altersgerechter Wohnraum: Große Versorgungslücke, dringender Investitionsbedarf“ (Margarita Tchouvakhina, Anke Brüggemann, Fachpublikation „KFW ECONOMIC RESEARCH“ der KfW-Bank vom 29.7.2014) postulieren die Autorinnen bereits in der Überschrift eine Versorgungslücke. Die Prognos AG hat im Auftrag der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die tatsächlich vorhandenen barrierefreien Wohnungen und den Bedarf geschätzt:

Prognos AG im Auftrag der KfW, 2014 (Auszug)
  2013 2030
Angebot an altersgerechten Wohnungen 700.100 1.342.500
Ambulante Pflegebedürftige (mit Leistungsanspruch aus Pflegeversicherung) 1.820.000 2.350.100
Personen über 65 Jahren mit Bewegungseinschränkungen (ohne stationäre Pflegebedürftige) 2.750.800 3.592.400

„Allein für die Zielgruppe der Senioren mit Bewegungseinschränkungen ergibt sich nach groben Schätzungen der Prognos AG bis zum Jahr 2030 ein Investitionsbedarf von insgesamt rund...

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