Ich bin nicht alt, nur schon sehr lange jung - Wie dein Leben mit jedem Jahr besser wird

Ich bin nicht alt, nur schon sehr lange jung - Wie dein Leben mit jedem Jahr besser wird

von: Alexandra Reinwarth

mvg Verlag, 2017

ISBN: 9783961210633

Sprache: Deutsch

200 Seiten, Download: 807 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Ich bin nicht alt, nur schon sehr lange jung - Wie dein Leben mit jedem Jahr besser wird



 
 
 

Geduld mit Leuten


Dass ich keine Zeit mehr verschwenden will, hat eine recht konkrete Auswirkung auf meine Umwelt, ich habe nämlich gemerkt, dass ich viel ungeduldiger geworden bin. Ich habe einfach keinen Nerv mehr für – Scheiß.

Besonders bekommen das meine Mitmenschen zu spüren, denn ich habe immer weniger Geduld mit Leuten.

Ich kann mich auch noch erinnern, dass ein Freund der Familie, Holger, der rund fünfzehn Jahre älter ist als ich, irgendwann einmal sagte: »Ich habe immer weniger Geduld mit dummen ­Leuten«, und ich mir damals dachte: Du arrogante Wurst.

Das sehe ich heute anders. Ich würde dem inzwischen vorbehaltlos zustimmen und erweitere auf:

Ich habe immer weniger Geduld mit dummen Leuten, außerdem mit Leuten, die nichts zu sagen haben und einfach so dahinlabern, nur damit die Luft scheppert. Oder mit Leuten, die sich immer nur dann melden, wenn sie etwas von einem brauchen: einen starken Arm beim Umzug, ein Ohr zum Reinjammern, etwas Know-how für ihre Webseite … Man ist fast geneigt zu fragen: »Und? Darf es noch etwas sein? Eine Niere vielleicht?« Darunter fällt zum Beispiel Kathrin, die blöde Gans.

Es fällt mir auch deutlich schwerer als früher, mit denen geduldig zu sein, die sich permanent nur selbst profilieren, bei denen man immer zum Publikum wird oder die andere niedermachen, um sich besser zu fühlen. (Jetzt, wo ich es so aufschreibe, fällt mir auf: Auch darunter fällt Kathrin, die blöde Gans.) Ich wende mich auch schnell ab von zynischen und missgünstigen Menschen und von denen, die nicht empathisch sind. (Wie Kathrin! Die ist echt ein Volltreffer!) Mir sind Menschen suspekt, die Tiere nicht mögen oder Fehler immer nur bei anderen suchen, und ich bemühe mich nicht mehr wie eine Bekloppte darum, dass mich alle Menschen reizend finden – vor allem, wenn sie es offensichtlich nicht tun.

Ich will nur noch Menschen um mich haben, die ich mag und die mir guttun. Irgendwie war ich viele Jahre dem wirklich dummen Irrtum aufgesessen, es gäbe Leute, die sind so cool und so toll, dass es ganz normal ist, dass die nicht nett zu mir sind. Die hängen eben nur mit anderen, ebenfalls echt tollen Leuten ab.

Wenn sich dann jemand mir gegenüber nicht gut benahm, dachte ich so etwas wie:

Der/die weiß eben nicht, dass ich ganz reizend bin, aber wenn ich mich anstrenge und es nur genug zeige, dann …

Oder noch besser:

Der/die ist einfach viel toller als ich.

Das hat sich gelegt. Wenn sich heute jemand mir gegenüber nicht gut benimmt, denke ich:

Ach schau, ein Arschloch!

Ich kann auch inzwischen Leute, die mir nicht guttun, viel schneller erkennen! Das ist nämlich mitunter gar nicht so leicht:

Maria zum Beispiel, die ist auf den ersten Blick wirklich nett. Sie ist sehr interessiert, kann gut zuhören und bietet immer ihre Hilfe an – und irgendwann merkt man, da stimmt was nicht. Maria macht einem nämlich alles und alle madig.

Du erzählst ihr von einem neuen Kunden, den du für die Werbeagentur an Land gezogen hast:

»Die Werbebranche ist ein echt mieser Verein.«

Du erzählst, wie süß dein Kind Huffalabumm statt Luftballon sagt:

»Na hoffentlich hat es keinen Sprachfehler.«

Du sagst, du hast einen Bestseller geschrieben, zum Beispiel ›Am Arsch vorbei geht auch ein Weg‹:

»Na ja, Pseudo-Ratgeber gehen wohl immer.«

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Wenn die einen nicht zu sich runterziehen kann, geht die Tür nicht zu. Sind diese Spitzen selten, fällt das erst mal gar nicht so auf, aber nach einem Treffen mit Maria ist man immer so ein bisschen – gedrückt. Maria ist wie eine faule Frucht: Sie schimmelt vor sich hin, und hast du nicht gesehen, riecht man selbst auch ein bisschen komisch.

Eine andere Nummer ist Richard (der sich selbst englisch ausgesprochen als Ritschard vorstellt). Ritschard weiß nämlich, wie alles ist. Immer. Alles. Wenn Sie jemals Fragen haben sollten zum Nahostkonflikt, ob man Zahnseide verwenden sollte oder falls Ihnen nicht ganz klar ist, was die einzig wahre Methode ist, ein Stück Fleisch zu braten: Fragen Sie Ritschard. Der hält mit seinem Wissen ü-ber-haupt nicht hinterm Berg. Kein Argument kann ihn verunsichern und kein Zweifel hat je seine Meinung getrübt. Selbst Erfahrungsberichte dienen Ritschard als Steilvorlage.

Ich: »Ich Depp habe gestern die heiße Pfanne angefasst, das brennt immer noch wie Feuer!«

Ritschard: »Das ist nicht ganz richtig, die gefühlte Temperatur von Feuer ist … bla, bla, bla.«

Dass dem noch niemand die Gurgel umgedreht hat, ist ein Wunder.

Oder Markus, die alte Rübe. Das ist der größte Pessimist, den die Welt je gesehen hat. Freut man sich auf Weihnachten, prangert Markus den Konsum an, isst man ein Sandwich, enthält es bestimmt etwas sehr Ungesundes, sehr aufwendig Produziertes oder vom Aussterben Bedrohtes, und wenn eine Gruppe niedlicher Kinder vor uns herumspringt, macht Markus sich Gedanken zur Überbevölkerung. Man erwähnt besser kein Land, in dem man mal im Urlaub war, sonst bekommt man umfassend Bescheid über die Missstände desselben, und denken Sie nicht, Sie kämen mit Finnland oder so ungeschoren davon: Markus weiß bestimmt, dass die dort Joghurt quälen oder zu viele Dotterblumen anbauen oder was weiß denn ich.

Man verstehe mich nicht falsch, jedes einzelne Thema ist es wert, dass man sich darum kümmert – aber manchmal will man einfach nur ein verdammtes Pastrami-Sandwich essen oder ohne schlechtes Gewissen erzählen, dass man sich auf einen Italienurlaub freut. Nach Italien fahren ist laut Markus übrigens so ungefähr das Schlimmste, was man machen kann (direkt hinter den USA).

Markus, Ritschard und Maria sind keine schlechten Menschen und sie haben auch gute Eigenschaften und es gibt sicher irgendeinen Grund für ihr Verhalten – aber ich möchte ihn eben nicht erfahren. Ich möchte lieber woanders sein, zum Beispiel in Italien und dort in Ruhe mein Sandwich essen.

Kann sein, dass einem aufgrund dieser Ungeduld mit Leuten die eine oder andere menschliche Perle durch die Lappen geht, denn manchmal ist der Liebreiz ja ein bisschen versteckt. Im Fall meiner Freundin Anne ist der Liebreiz unter ein paar sehr dicken Schichten esoterischem Gedöns versteckt. Ich kenne Anne schon seit unserer gemeinsamen Kindergartenzeit, also lange bevor die Schutzengel, diverse Karmas und andere dubiose Energien in ihr Leben getreten sind. Weil ich Anne liebe, kann ich die Schutzengel in Kauf nehmen, sie stören mich nicht. Also zumindest fast nicht. Die Rechnung Anne mit Schutzengel oder Keine Anne geht immer zu Annes Gunsten aus.

Würde ich Anne heute erst kennenlernen und würden wir uns da erst etwas hin und her unterhalten – also, wenn sie dann die Schutzengel auspackte: Ich käme am nächsten Tag nicht drauf, sie zum Kaffee zu treffen, sondern würde L. erzählen, was ich von Schutzengeln halte. Deswegen hat man die Freunde von früher auch so gerne. Man muss sich nicht mehr anstrengen, die kennt man schon! (Und sie kennen dich auch, was zumindest heißt, dass sie dich trotzdem leiden können.)

Es war früher auch viel leichter, jemanden kennenzulernen: Zum einen verbrachte man überdurchschnittlich viel Zeit mit den zunächst Unbekannten – man war über einen langen Zeitraum zusammengepfercht (in der Schule, respektive Uni) – und hatte einen gemeinsamen Feind (Lehrer, in der Regel Mathe). Heute ist man zwar auch mit zunächst Unbekannten zusammengepfercht, und zwar in der Arbeit, und in der Regel gibt es auch irgendjemanden, den man gemeinsam hassen kann, aber: Man beschäftigt sich nicht mehr so sehr miteinander. Klar weiß man, wie die anderen heißen, dies und das über ihre Lebenssituation, aber es ist doch so: Sobald sich ein Moment der Ruhe ergibt, zum Beispiel weil man auf den Beginn eines Meetings warten muss oder im Aufzug steht, schauen alle auf das Smartphone in ihrer Hand! Statt dass man von einem Meetingstühlchen zum anderen fragt: »Wie geht es deinem Vater nach der OP? Erholt er sich gut? Ist er schon wieder zu Hause?«, guckt man lieber noch schnell ein Video mit betrunkenen Bibern, das man gerade per WhatsApp bekommen hat. – Ich nehme mich da nicht aus.

Abgesehen von dieser wirklich beunruhigenden Entwicklung siebt man Leute auch viel schneller aus als früher, ich erwische mich da permanent:

Unbekannte: »Also vom Sternzeichen her müsste ich ja viel mehr … bla, bla, bla«, und schon wandert meine Aufmerksamkeit zu anderen, interessanteren Dingen. Zum Beispiel zu einer Ameisenstraße. Oder ich überlege, was ich heute zu Mittag essen könnte. Das geht inzwischen zipp-zapp bei mir. Und es geht nicht nur schneller mit dem Aussieben, die Löcher im Sieb sind auch größer geworden.

Unbekannte: »Ich widme mich dem Outsourcing im Finanzsektor, was im Globalisierungszeitalter ein durchaus probates Mittel …«, und schon denke ich: Pasta mit Meeresfrüchten! Das wär’s!

Beinahe wäre mir durch diese Sieblöcher auch die gute Hummel durchgeflutscht. Die Hummel heißt mit Nachnamen tatsächlich Hummel und ich habe sie in einem Schminkkurs kennengelernt. Ich gehe normalerweise nicht zu Schminkkursen, ich schminke mich noch nicht mal besonders gerne, aber ich hatte mich ja auch nicht dafür angemeldet: Meine Freundin Jana hatte mich angemeldet, die wollte nämlich nicht alleine hingehen. Ich ließ mich breitschlagen und wer dann doch nicht konnte, war, genau: Jana. Der Kurs fand nicht in der...

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